Häufige Fragen und Antworten zur Bi+sexualität

Hier findest du im Frage-Antwort-Stil viele Informationen über unseren Verein und das Thema Bi+sexualität.

Neben bisexuell werden auch andere nicht-monosexuelle Identitätsbezeichnungen wie beispielsweise pansexuell (definiert als Anziehung zu Personen unabhängig von deren Geschlecht) oder fluid (Änderung der Anziehung zu Geschlechtern über die Zeit) häufig unter dem Überbegriff bisexuell oder, in aktivistischen Kreisen zunehmend, bi+sexuell zusammengefasst. Diesen Ansatz verfolgen wir auch in unserem Verein.

Befragungen im In- und Ausland zeigen, dass Bisexuelle im Vergleich zu Lesben, Schwulen und trans Personen die grösste Gruppe innerhalb der LGBTQ+ Community bilden. Bei einer Befragung des US-amerikanischen Meinungsforschungsunternehmens Gallup im Jahr 2023 machten bi- und pansexuelle Personen beispielsweise 59% aller interviewten LGBTQ+ Personen und 4.5% der Gesamtstichprobe von über 120’000 befragten erwachsenen US-amerikanischen Staatsangehörigen aus.

Quelle: Jones, J. M. (2024). LGBTQ+ identification in U.S. now at 7.6%. Gallup. https://news.gallup.com/poll/611864/lgbtq-identification.aspx

Statistiken zur Häufigkeit der bisexuellen Orientierung in der Schweiz sind kaum vorhanden, und insbesondere aktuelle Zahlen fehlen. Von einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe von knapp 30’000 Personen im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung 2012/2017 bezeichneten sich jedoch etwa 2% aller befragten Personen als bisexuell und überstiegen damit zahlenmässig die lesbischen und schwulen Teilnehmenden.

Quelle: Krüger, P., Pfister, A., Eder, M., & Mikolasek, M. (2023). Gesundheit von LGBT-Personen in der Schweiz (1. Auflage). Nomos.

Ein Grund dafür, dass bisexuelle Personen ihre Identität häufig nicht offenlegen, ist die Angst vor negativen Reaktionen, welche Bisexuelle sowohl aus der hetero-, als auch aus der homosexuellen Gemeinschaft erfahren [1,2]. So wird Bisexualität beispielsweise häufig durch die Annahme, dass bisexuelle Männer «eigentlich schwul» und bisexuelle Frauen «eigentlich heterosexuell» sind, in Frage gestellt, und bisexuelle Personen sehen sich Vorurteilen ausgesetzt wie beispielsweise, sie würden nur nach Aufmerksamkeit suchen, könnten nicht treu sein, wären gierig, unreif oder verwirrt [3,4,5]. Bisexuelle möchten wie alle Menschen gesehen und verstanden werden, erachten es jedoch vielleicht als sicherer, sich nicht als bisexuell zu offenbaren, um das Risiko von sozialer Stigmatisierung, verbaler oder körperlicher Gewalt zu umgehen. Dieses Verhalten kann jedoch zu psychischen Problemen führen [1].

 

Quellen:

  1. Nelson, R. (2024). Deconstructing the Clinging Myth of ‘Straight-Passing privilege’ for bi+ People. Journal of Bisexuality, 1–22.
  2. McLean, K. (2018). Bisexuality in society. In D. J. Swan & S. Habibi (Eds.), Bisexuality: Theories, research, and recommendations for the invisible sexuality (pp. 77–93). Springer International Publishing/Springer Nature.
  3. McGorray, E. L., & Petsko, C. D. (2024). Perceptions of Bisexual Individuals Depend on Target Gender. Social Psychological and Personality Science, 15(5), 550-560.
  4. Robinson, Margaret. (2016). Negative identity experiences of bisexual and other non-monosexual people: A qualitative report. Journal of Gay & Lesbian Mental Health. 20.
  5. Hayfield, N., Clarke, V., & Halliwell, E. (2014). Bisexual women’s understandings of social marginalization: The heterosexuals don’t understand us but nor do the lesbians. Feminism & Psychology, 24(3), 352–372.

Dass es, wie manchmal behauptet wird, ein “Privileg” von bisexuellen Personen sein soll, die eigene sexuelle Orientierung zu verheimlichen und als heterosexuell “durchgehen” oder gelesen werden zu können (engl. “straight passing”) hat die britische Soziologin Rosie Nelson in einer aktuellen Arbeit von 2024 unter anderem mit den oben aufgeführten Argumenten überzeugend widerlegt [1]. Vielmehr ist eine solche “Anpassung” oder auch ein Akzeptieren von falschen Zuschreibungen der eigenen sexuellen Identität (sich z.B. als homosexuell oder heterosexuell bezeichnen, um Ausschluss oder Diskriminierung zu vermeiden) für viele bisexuelle Personen eine frustrierende Erfahrung, die ausserdem zu noch weniger bisexueller Sichtbarkeit und zur Aufrechterhaltung einer falschen binären Vorstellung von Sexualität in unserer Gesellschaft führt [1,2].

Quellen:

  1. Nelson, R. (2024). Deconstructing the Clinging Myth of ‘Straight-Passing privilege’ for bi+ People. Journal of Bisexuality, 1–22.
  2. McLean, K. (2018). Bisexuality in society. In D. J. Swan & S. Habibi (Eds.), Bisexuality: Theories, research, and recommendations for the invisible sexuality (pp. 77–93). Springer International Publishing/Springer Nature.

Bisexualität bleibt auch heute noch weitestgehend unsichtbar, indem Sexualität mehrheitlich als ein binäres System von ausschliesslich Hetero- oder Homosexualität gedacht und die Anziehung zu lediglich einem Geschlecht als Norm angesehen wird, was auch als Monosexismus bezeichnet wird [1,2]. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn von einer Geschlechtskonstellation in einer Beziehung direkt auf die sexuelle Orientierung (homo- oder heterosexuell) der beteiligten Personen geschlossen wird. Diese Strukturen werden als zentrale Ursachen für die vorherrschende Unsichtbarkeit und oft fehlende Akzeptanz der bisexuellen Orientierung innerhalb der heterosexuellen, teilweise aber auch der LGBTQ+ Community selbst angesehen. Folgen davon sind zum Beispiel eine starke Unterrepräsentation von Bisexualität in der Popkultur, der Medienberichterstattung und der akademischen Forschung [2,3,4].

Quellen:

  1. Nelson, R. (2024). Deconstructing the Clinging Myth of ‘Straight-Passing privilege’ for bi+ People. Journal of Bisexuality, 1–22.
  2. McLean, K. (2018). Bisexuality in society. In D. J. Swan & S. Habibi (Eds.), Bisexuality: Theories, research, and recommendations for the invisible sexuality (pp. 77–93). Springer International Publishing/Springer Nature.
  3. Barker, M., Bowes-Catton, H., Iantaffi, A., Cassidy, A., & Brewer, L. (2008). British Bisexuality: A Snapshot of Bisexual Representations and Identities in the United Kingdom. Journal of Bisexuality, 8(1–2), 141–162.
  4. Kaestle, C. E., & Ivory, A. H. (2012). A Forgotten Sexuality: Content Analysis of Bisexuality in the Medical Literature over Two Decades. Journal of Bisexuality, 12(1), 35–48.

Internationale Forschungsergebnisse zeigen, dass bisexuelle Personen ein erhöhtes Risiko für gesundheitliche Probleme haben und zum Beispiel öfters an psychischen Störungen leiden als monosexuelle (hetero- oder homosexuelle) Personen [1]. So konnte unter anderem festgestellt werden, dass Bisexuelle häufiger von Depressionen, Angststörungen und Substanzmittelmissbrauch betroffen sind als homosexuelle Vergleichsgruppen [2,3]. Als mögliche Ursachen werden dabei unter anderem die schon beschriebene Diskriminierung von bisexuellen Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, die bisexuelle Unsichtbarkeit oder Verleugnung sowie ein Mangel an positiver Unterstützung vermutet [2].

Auch in einem vom Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegebenen 2023 publizierten Bericht zur “Gesundheit von LGBT-Personen in der Schweiz” wurde anhand von ausgewerteten und selbst erhobenen Umfragedaten aufgezeigt, dass Bisexuelle ihren Gesundheitszustand signifikant schlechter beurteilten als homo- und heterosexuelle Personen und seltener als diese hausärztliche Betreuung in Anspruch nahmen. Zudem waren bisexuelle Personen gemäss Befragung im Schnitt psychisch stärker belastet als homosexuelle Personen, die wiederum ihrerseits selbst schon stärker psychisch belastet waren als der heterosexuelle Teil der Bevölkerung [4].

Quellen:

  1. Feinstein, B. A., & Dyar, C. (2017). Bisexuality, minority stress, and health. Current sexual health reports, 9(1), 42–49.
  2. Ross, L. E., Salway, T., Tarasoff, L. A., MacKay, J. M., Hawkins, B. W., & Fehr, C. P. (2017). Prevalence of Depression and Anxiety Among Bisexual People Compared to Gay, Lesbian, and Heterosexual Individuals: A Systematic Review and Meta-Analysis. The Journal of Sex Research, 55(4–5), 435–456.
  3. Green, K. E., & Feinstein, B. A. (2012). Substance use in lesbian, gay, and bisexual populations: An update on empirical research and implications for treatment. Psychology of Addictive Behaviors, 26(2), 265–278.
  4. Krüger, P., Pfister, A., Eder, M., & Mikolasek, M. (2023). Gesundheit von LGBT-Personen in der Schweiz (1. Auflage). Nomos.

2022 wurde mit dem Verein Bisexuell Schweiz (Bi+ Schweiz) eine gemeinnützige Organisation für bisexuelle Menschen aller Geschlechter gegründet. Dies mit dem Ziel, die Sichtbarkeit und Akzeptanz von Bisexualität zu fördern und die Schweizer Bi+ Community durch verschiedene Anlässe untereinander, aber auch mit anderen LGBTQ+ Gruppierungen, stärker zu vernetzen.

Theoretisch könnten Bi+ Personen mehr potentielle Partnerpersonen zur Auswahl haben als Hetero- oder Homosexuelle. Doch die Realität sieht anders aus: Studien zeigen, dass Vorurteile gegenüber Bi+sexuellen das Dating-Glück oft stark einschränken. Besonders Bi-Männer haben es schwer, da viele Menschen - unabhängig von ihrer eigenen sexuellen Orientierung - Vorbehalte gegen sie hegen.

Quelle: McDonald, Mackenzie & Burke, Sara & LaFrance, Marianne. (2022). Gendered Anti-Bisexual Bias: Heterosexual, Bisexual, and Gay/Lesbian People's Willingness to Date Sexual Orientation Ingroup and Outgroup Members. Journal of homosexuality. 70. 1-18. 10.1080/00918369.2022.2030618.

Der Verein Bisexuell Schweiz oder Kurz Bi+ Schweiz ist ein 2022 gegründeter gemeinnütziger Verein für bi+sexuelle Menschen aller Geschlechter. Wir sind eine starke, vereinte Stimme für die Schweizer Bi+ Community!

Als gemeinnütziger Verein sind wir steuerbefreit und alle unsere Vorstands- und Kernteammitglieder sind ehrenamtlich tätig.

Wir finanzieren unsere Arbeit über Mitgliedschaften und Spenden.

Im Gegenteil: Bisexualität schliesst die Anziehung zu trans Personen keineswegs aus (siehe unter Definition von Bisexualität). In einer grossen US-amerikanischen Umfrage idenzifizierten sich zudem fast ein Drittel der befragten trans Personen selbst als bi- oder pansexuell (Quelle: James, S., et al. (2016). The report of the 2015 U.S. transgender survey. National Center for Transgender Equality. http://www.ustranssurvey.org/report.

Diese Frage beschäftigt viele bi+sexuelle Menschen stark, da sie oft mit Unsichtbarkeit und Vorurteilen konfrontiert sind.

Bi+sexualität ist nicht "weniger queer" als Homosexualität. Wenn du dich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen fühlst, bist du ein wertvoller Teil der queeren Community. Es gibt keine speziellen Kriterien oder Tests, um "queer genug" oder auch "bi gengu" zu sein. Bleib dir selbst treu und finde Akzeptanz in einem Umfeld, das dich so schätzt, wie du bist.

Brenda Howard (1946-2005) war eine US-amerikanische LGBTQ+-Aktivistin und mitbeteiligt an der Organisation des ersten Pride March 1970 in New York, ein Jahr nach den Stonewall-Aufständen. Howard setzte sich stark für die Sichtbarkeit und Anerkennung von Bisexuellen ein und zeigt, dass Bisexuelle von Anfang an ein wichtiger Teil der LGBTQ+-Bewegung waren.

Fritz Klein (1932 bis 2006) war ein österreichischer Psychiater. Geboren wurde er in Wien, ist aber als Kind mit seiner Familie vor Krieg und Nationalsozialismus in die USA geflüchtet. Er hat schliesslich in der Schweiz an der Universität Bern Medizin studiert. Er war ein Pionier der Forschung zur sexuellen Orientierung: mit seinem Klein-Raster hat er schon damals die Fluidität und die Vielschichtigkeit der sexuellen orientierung (sexuell, sozial, emotional) aufgezeigt. Fritz Klein war selbst bisexuell und gründete unter anderem die Fachzeitschrift "Journal of Bisexuality", die es heute noch gibt.

Das Klein Raster bietet eine differenziertere Möglichkeit der Betrachtung der sexuellen Orientierung die nicht auf einen Zeitpunkt oder rein auf sexuelle Anziehung oder Verhalten beschränkt ist.

in jedes kästchen schreibst du eine Zahl von 1 bis 7. 1: nur zu/mit anderem Geschlecht bis 7: nur zu/mit eigenem Geschlecht bzw. bei Lebensstil und Selbstbild von 1: nur hetero- bis 7: nur homosexuell. 

Quelle: Das Klein-Raster wurde erstmals beschrieben in: Klein, F. (1978) The Bisexual Option. First Edition. Arbor House Verlag.

Nein, bi = 100% bisexuell!

Bisexualität umfasst ein breites Spektrum von Anziehung zu mehr als einem Geschlecht, und die Präferenzen können unterschiedlich stark ausfallen und sich auch im Laufe der Zeit verändern oder schwanken.

Bisexualität heisst nicht auf dem Weg zur Homo- oder Heterosexualität zu sein. Anziehung kann sich zwar ändern und unterschiedlich ausgeprägt sein, die Orientierung als bi- oder pansexuell ist jedoch nicht einfach "eine Phase", sondern für viele Menschen eine andauernde stabile identität.

Bi+ ist ein Sammelbegriff (engl. umbrella term). Alle Menschen die sich sexuell oder romantisch zu mehr als einem Geschlecht hingezogen fühlen, versammeln sich unter dem "Bi+sexual umbrella".

Übersicht von verschiedenen Bi+ Labels mit Definition:

Mögliche Anziehung...

Bisexuell: ...zu mehr als einem Geschlecht, Sammelbegriff (Bi+Umbrella).

Pansexuell: ...unabhängig vom Geschlecht. 

Omnisexuell: ...zu allen Geschlechtern/Geschlechtsidentitäten, Präferenzen möglich.

Polysexuell: ...zu mehreren aber nicht allen Geschlechtern/Geschlechtsidentitäten.

Die unserer Erfahrung nach am häufigsten genutzten nicht-monosexuellen Identitätslabels sind bi- und pansexuell. Viele Menschen möchten auch kein Label für sich verwenden, was natürlich ebenso in Ordnung ist.

Unsere Gründe für "bisexuell" als Sammelbegriff:

  • Ältester und etabliertester Begriff.
  • Umfasst sämtliche nicht-monosexuellen Identitäten.
  • Vereinfachung unserer Repräsentation nach aussen.
  • Entspricht derzeit (noch?) verbreitetem Vorgehen z.B. in der Forschung.

Wir verwenden inzwischen zunehmend auch den Begriff Bi+ und Bi+sexualität um die Vielfalt der nicht-monosexuellen Orientierungen hervorzuheben.

In einer idealen Welt würden wir darauf gerne verzichten. Labels helfen uns jedoch aktuell dabei, uns zu finden und zu kommunizieren. Kein Label ist dabei einem anderen "überlegen", Labels sollen einer Person nicht zugeschrieben oder aufgezwungen werden - jede Person definiert und weiss am besten selbst, wo sie sich am ehesten zugehörig fühlt.

Es ist auch ok keine, mehrere oder sich verändernde Labels zu haben.

Wir zitieren einmal mehr die US-amerikanische Bi+ Aktivistin Robyn Ochs:

"Identitätsfindung ist ein Weg. Wir wandern durchs Leben, werden und entdecken dabei uns selbst. Es ist keine Schande, mit Unsicherheit zu leben oder dein(e) 'Label(s)' zu ändern [...]"

Auch wenn dies in Internetforen teilweise so hochstilisiert wird, können wir dies aus unserer Erfahrung zum Glück überhaupt nicht teilen. Viele unserer Vereinsmitglieder bezeichnen sich z.B. selbst sowohl als bi-, als auch als pansexuell. Siehe hierzu auch die Fragen weiter oben.

Wir sind ein Verein für alle nicht-monosexuellen Menschen (Bi+). Wir sind queer, bi, pan, omni, poly, fluid, ohne Label, heteroflexibel, questioning, curious, ...

Du gehörst zu uns! Wenn du willst 😉

Bi+ Personen sind auch am Arbeitsplatz deutlich seltener “geoutet” als Homosexuelle. Gründe sind oft Sorgen vor negativen Reaktionen von hetero- und homosexuellen Mitarbeitenden, die gemäss Studien leider berechtigt sind. Trotz teils zunehmender Sensibilisierung für LGBTQIA+ Themen im Arbeitsumfeld werden die spezifische Situation und die Bedürfnisse von Bi+ Personen oft nicht berücksichtigt und gehen “vergessen”.

Quelle: Arena, D. F., Jr., & Jones, K. P. (2017). To “B” or not to “B”: Assessing the disclosure dilemma of bisexual individuals at work. Journal of Vocational Behavior, 103(Part A), 86–98. https://doi.org/10.1016/j.jvb.2017.08.009

Der Tag der Bisexualität (Bi Visibility Day) wird jedes Jahr am 23. September gefeiert.

Ja, unbedingt. Warum liest du hier in unserem ausführlichen Positionspapier.

Eine Liste mit unseren Forderungen und Empfehlungen findest du in unserem Positionspapier.